* Dr. Lorenz, „Das Recht auf ein analoges Leben“ Im September 2023 Dr. Bernd Lorenz, Fachanwalt für IT-Recht und zertifizierter Datenschutzbeauftragter hat „Das Recht auf ein analoges Leben“ die „Anerkennung eines neuen Grundrechts“ gefordert. Er kommt zu dem Ergebnis: „Privatpersonen steht ein Recht auf ein analoges Leben als Grundrecht zu. Daraus ergibt sich zum einen das Recht, auf analogem Wege am öffentlichen Leben teilzunehmen. Zum anderen beinhaltet dies das Recht, sich vorzubehalten, im Internet nicht präsent zu sein und nicht namentlich auf Webseiten erwähnt zu werden.“ Bernd Lorenz fasst seine Positionen so zusammen: # „Für Privatpersonen, die nicht am Internet teilnehmen können oder wollen, ist eine analoge Lösung bereitzustellen. Kosten dürfen für diese analoge Lösung nicht erhoben werden. # Privatpersonen müssen die Möglichkeit haben, ihre Steuererklärungen auch weiterhin in Papierform einzureichen. # Eine Abschaffung des Bargelds wäre verfassungswidrig. Auch würde es gegen das Recht auf ein analoges Leben verstoßen, wenn das Bargeld zwar nicht abgeschafft wird, aber keine Möglichkeit besteht, bei Behörden bzw. Unternehmen bar zu bezahlen.“
* Brauchen wir ein Recht auf ein analoges Leben? Schnell gilt als rückständig, wer immer noch mit Bargeld zahlt und lieber vor Ort einkauft, anstatt online zu kaufen. Der Fortschritt hat unser Leben in fast allen Bereichen digitalisiert. Einkaufen: aus dem heimischen Wohnzimmer. Die Heizung regulieren, von unterwegs per App. Die Energie-Zählerstände ablesen durch den Versorger, geschieht online und nicht mehr Vorort. Dieses ungute Gefühl, dass die Digitalisierung immer weitergeht, dass es uferlos wird und einen persönlich abhängt. https://www.deutschlandfunkkultur.de/digitalisierung-brauchen-wir-ein-recht-auf-analoges-leben-100.html
* Überall wird digitalisiert. Immer mehr Analoges wird abgeschafft, wie z.B. der Briefmarkenautomat. Denn inzwischen sind so viele Dinge nur digital zu erledigen, sodass das Smartphone unverzichtbarer Begleiter unseres Alltags geworden ist.
* Andre Wilken endet in seinem Buch mit dem Manifest, für eine menschliche digitale Welt, in der wir uns fragen müssen: + Was ist uns wichtig aus dem früheren analogen Leben? + Was müssen wir hinüberretten?
* Die Pflicht des Staates beim Schutz der Menschenwürde Der Spiegel vom 09.09.2022 von Alexander Grau Seit Jahrzehnten arbeiten Wirtschaft und Staat daran, die Digitalisierung unwiderruflich in den Alltag jedes Einzelnen zu implantieren. Die Freiheit zu schützen wäre die wichtigste und dringlichste Aufgabe des Staates. Doch der Staat schützt sie nicht. Stattdessen opfert er sie lieber wirtschaftlichen und technologischen Interessen, die als Notwendigkeiten deklariert werden. Im Grunde verpflichtet den Staat schon das Gebot des Schutzes der Menschenwürde, seinen Bürgern ein analoges Leben ohne relevante Einschränkung zu ermöglichen. Denn ein Leben, das unausweichlich, von Geburt an und in allen Bereichen auf die Nutzung einer bestimmten Technologie verpflichtet wird, ist nicht nur ein unfreies Leben, sondern vor allem eines, in der sie seiner Würde genommen wird.
Doch zunehmend droht die Totaldigitalisierung aller Lebensbereiche, egal ob es um Zahlungsverkehr, um das Gesundheitswesen, die staatliche Verwaltung, Mobilität oder Bildung geht.
Das Recht auf ein analoges Leben wird hierzulande, wenn überhaupt, im Zusammenhang mit den älteren Menschen diskutiert, die für sich in Anspruch nehmen, weiterhin die handschriftlich ausge- füllte Überweisung bei ihrer Bankfiliale abgeben zu dürfen oder eine analoge Eintrittskarte an der Museumskasse kaufen zu können. Umso wichtiger jedoch wäre das Recht auf ein analoges Leben. Lebensrelevante und unverzichtbare Dienstleistungen müssen dauerhaft auch auf analoge und nutzerfreundliche Weise zugänglich bleiben. Jeder muss das Recht haben, digitale Techniken aus seinem Leben fernzuhalten und dennoch am Gesundheitssystem, am Konsum oder am öffentlichen und politischen Leben vollwertig teilzuhaben.
(02.03.2023 Dr. Alexander Grau, Buchautor und Wissenschaftsjournalist, München)
In den Stellungnahmen der Politik und in der Selbstdarstellung der IT-Konzerne erscheint die Digitalisierung als Sinnbild von Selbstverwirklichung und Freiheit. Aber das Freiheitsversprechen droht in sein Gegenteil umzuschlagen. Wir werden zunehmend Gefangene im goldenen Käfig einer Technologie, die unser Denken und Handeln bestimmt. Das ist verhängnisvoll, da wir im Alltag kaum noch die Möglichkeit haben, digitalen Lebensweisen auszuweichen. Staat und Wirtschaft zwingen uns und künftigen Generationen eine Technik auf, die negative Folgen für unser Menschsein haben kann.
Wir brauchen das Grundrecht auf eine analoge Existenz!
* Digitalcourage: Herr Prantl hat Recht, dass wir keine Ausgrenzung und Diskriminierung hinnehmen dürfen. Und es sind nicht nur alte Menschen und solche, die sich kein Smartphone leisten können um die es hier geht. Denn die Gründe für einen Verzicht auf ein Smartphone sind vielseitig, und eigentlich sollten diese gar keine Rolle spielen. Auch wer sich ganz bewusst für den Verzicht auf ein Smartphone entscheidet, darf nicht zur Strafe von der Grundversorgung abgeschnitten oder aus dem öffentlichen Leben ausgegrenzt werden. Das Grundgesetz verteidigt die freie Entfaltung der Persönlichkeit und stellt alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Doch mit zunehmendem Digitalzwang entsteht eine neue Form der Ausgrenzung. Menschen müssen auch davor geschützt werden, aus dem öffentlichen Leben ausgegrenzt und benachteiligt zu werden.
* Ataman warnt vor der Digital-Diskriminierung HK/FNP 31.08.2023 Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, fordert gesetzliche Regelungen zum Schutz vor Diskriminierung durch digitalisierte Verfahren. „Digitalisierung, künstliche Intelligenz und Algorithmen machen vieles leichter – leider auch Diskriminierung“.
* Heribert Prantl: „Ich würde dem Grundgesetz gern ein neues Grundrecht schenken. Grundrechte sind die Fixpunkte, die Haltepunkte, die Glanzpunkte des Grundgesetzes. Sie sorgen sich um die Grundlagen des Zusammenlebens, sie sind Schutz und Schild für Minderheiten. Es gibt eine ganz große Minderheit im Land, um die sich derzeit niemand kümmert, auch das Grundgesetz nicht. Es sind die Menschen, die mit der neuen digitalen Welt nicht zurechtkommen oder nicht zurechtkommen wollen. Sie dürfen nicht ausgeschlossen werden, sie dürfen nicht ausgeschlossen bleiben. Für sie müssen wir ein neues Grundrecht schaffen, das ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sichert:
„Für ein Grundrecht auf ein analoges Leben.“
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